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Modularer Wohnungsbau anders gedacht

Serielles und modulares Bauen – zirkulär und nachhaltig

Tags: Wohnbau, Serielles Bauen, Modulares Bauen, Stramen.Tec, Bauen mit Stroh, Holzsystembau, Holzbau, Nachhaltigkeit, Innovation

Wie lässt sich der Wohnbau der Zukunft nachhaltig gestalten? Das Kölner Werkstadt Fischer Architekten-Büro hat im Rahmen eines Wettbewerbs modularen Wohnungsbau neu gedacht. Hier erklärt Büroleiter Markus Brinkmann, wie mit minimalem Material- und Technikeinsatz maximal nachhaltige Lösungen entstehen.

Was ist die Grundidee des Wettbewerbsbeitrags?

Die Idee ist es, auf Basis zweier Modulgrößen eine Vielzahl an Wohnungstypen abbilden zu können – ausgehend von einem zentralen Basismodul, das die gesamte zentrale Technik beinhaltet. Das Prinzip ist also geringer Technikeinsatz bei maximaler Flexibilität und einem maximal nachhaltigen Materialeinsatz.

Wie funktioniert das im Detail?

Die Grundlage jeder Wohnung ist ein Basismodul, das den Hauptschacht, die haustechnische Grundausstattung und das Bad, sowie meistens auch die Küche beinhaltet. Um dieses Basismodul haben wir die Schlaf- und Wohnraummodule gruppiert.  Die Haustechnik wurde ebenfalls modular konzipiert, um möglichst alle technischen Einbauten dezentral für die einzelnen Wohnungen oder Raummodule auszubilden. So werden Zimmer und Wohnbereiche über eine Push-Pull Lüftung mit Wärmerückgewinnung  belüftet. Im Heizkonzept sind Infrarotheizungen umgesetzt, die mit jedem Raummodul erweitert werden können. Optional kann im zentralen Schacht auch ein Modul zur Grauwassernutzung untergebracht werden. Die Lichtschalter sind als Funklösung ohne Batteriespeicher konzipiert, um auch hier Ressourcen bei den Stromleitungen zu reduzieren, und modular erweitern und verändern zu können.  

Wie ist die Konstruktion beschaffen?

Die Module bestehen in ihrer Konstruktion überwiegend aus Holz und einer systemkonformen Holzfassade mit vertikaler Ausrichtung, geschossweise gegliedert und somit auch von außen als Holzbau erkennbar. Als Ausbaumaterial werden für die Wände Holz-Rahmenbauwände verwendet oder stramen.tec-Strohbauplatten – die bei Werkstadt Fischer Architekten in jahrelanger Forschungsarbeit entwickelt worden sind.

Statt herkömmlichen Gipskartonkonstruktionen, die bei der Herstellung  viel CO² erzeugen, bedeutet der Einsatz von stramen.tec eine deutlich nachhaltigere Materialwahl. Stroh ist ein jährlich nachwachsender Rohstoff und speichert als Ausbaumaterial das gebundene CO² dauerhaft. Somit entsteht eine durchgehend maximal CO²-reduzierte Grundkonstruktion. Ein weiterer Vorteil der stramen.tec-Strohbauplatten ist die dadurch mögliche Veränderung des Grundrisses innerhalb der Module. Die Wände sind als massive Bauelemente demontierbar können bei Bedarf an anderer Stelle wieder aufgebaut werden. Mit den gewählten Konstruktionsaufbauten erreichen wir den Energiestandard Effizienzhaus55. Alternativ kann das Gebäude als Effizienzhaus40 ausgeführt werden.

Welche Rolle spielt der Faktor Zirkularität?

Für das nachhaltige Bauen der Zukunft spielt die Rückbau- Recyclingfähigkeit eines Gebäudes eine entscheidende Rolle. Wie schaffen wir das? Die Module des Gebäudes sowie die Balkone sind komplett rückbaubar und nach Aufarbeitung an einer anderen Stelle wieder aufbaubar – auch in veränderter Modul-Zusammenstellung. Der zirkuläre Kreislaufgedanke kann mit diesem System also umfassend umgesetzt werden.

Werden auch beim Wärmekonzept neue Wege beschritten?

Ja, statt einer Wärmepumpe für die Wärmeversorgung der Wohneinheiten setzen wir eine Infrarot-Flächendirektheizung ein, die als Anstrich aufgetragen wird. Die Heizung wird mit 24V Niederspannung betrieben und gibt Infrarotstrahlungswärme ab. Diese effektive Strahlungswärme belastet nicht die Umwelt, weil sie energiesparend ist. Infrarotstrahlungswärme wärmt Objekte im Raum direkt und gleichmäßig auf und lässt zügig eine Wohlfühltemperatur unabhängig der Raumlufttemperatur erreichen. Die Erwärmung der Raumluft erfolgt – anders als bei Konvektionsheizungen – nur sekundär, wodurch weniger Energie benötigt wird. Außerdem wird die in den Heizanstrich eingeführte Energie ohne Leitungsverluste direkt in Wärme umgewandelt. Mit dieser Technik sparen wir die komplette zentrale Heiztechnik und die wassergeführten Leitungswege. Dies senkt die eingesetzten Ressourcen, zudem die Wartungskosten im Betrieb. Die elektrische Energie wird zum größten Teil durch selbst erzeugten Strom aus der hauseigenen Photovoltaikanlage und dem zusätzlichen Stromspeicher gedeckt.

Was zeichnet das Erschließungskonzept aus?

Das vertikale Erschließungskonzept des Modellgebäudes besteht aus zwei klassischen Treppenhäusern mit vorgerüsteten Aufzugsschächten. Damit werden maximal vier Wohnungen pro Geschoss erschlossen. Wir haben bewusst auf eine großformatige Erschließung wie ein innen liegendes Treppenhaus und Erschließungsflure oder einen Laubengang verzichtet, da dies nach unserer Überzeugung zu einer höheren Akzeptanz und Identifikation der Bewohner mit dem Gebäude führt. Je nach Gebäudekonfiguration können aber auch andere Erschließungsvarianten gewählt werden. Die Kellerersatz- und Technikräume sind entsprechend der Ausschreibung im Erdgeschoss angeordnet und über den Haupteingang erschlossen. Die Fahrradräume mit den Abstellflächen für Kinderwagen und Elektrorollstühle sind für eine optimale Zugänglichkeit  über einen separaten Zugang direkt neben der Hauseingangstür zu erreichen.

An welchem Beispiel kann die modulare Grundkonzeption beschrieben werden?

Unter anderem am Beispiel der Balkone. Jede Wohnung verfügt über mindestens einen Balkon, der je nach architektonischem Konzept optional mit einer Sichtschutzverkleidung versehen werden kann. Die Balkone können modular ausgeführt werden, so dass auf einen veränderten Wohnungsmix- oder Flächenzuschnitt in der Zukunft reagiert werden kann – da sie innerhalb der Grundkonstruktion ergänzbar oder versetzbar sind. 

Ist die Barriefreiheit des Gebäudes gewährleistet?

Selbstverständlich ist das Gebäude barrierefrei erreichbar – in diesem Fall über eine Rampe im Außenbereich. Innerhalb des Gebäudes sind alle Wohnungen barrierefrei konzipiert. Die Haus- und Wohnungseingangstüren haben eine lichte Durchgangsbreite von 0,9 m, alle Türen innerhalb der Wohnungen von 0,8 m. Innerhalb der Wohnungen wurde darauf geachtet, dass alle Bewegungsflächen in den Bädern und auch in den Wohn- und Schlafräumen berücksichtigt wurden. Somit sind alle Wohnungen auch auf zukünftige Veränderungen des Altersquerschnitts vorbereitet.